Über Sinn und Unsinn der beliebten Zusammenschnitte
In der Ära der Audiokassette war es unabdingbar, das wahre Nonplusultra — das Medley scheint sich auch in unserem digitalen Zeitalter als Tool für Sprecher wacker zu halten. Aber wie steht es heute wirklich um diese Audioform?
Das Medley — nennen wir es nach Molière liebevoll „Potpourri“ — erlaubt es verschiedene Melodien/Audios in einer Datei zu verbinden. Vielfach in der Musik verwendet, war es auch der beste Freund von Sprecher/innen, um die Bandbreite ihrer Stimme zu präsentieren. Aber das war zu einer Zeit als das gängige Format noch die Kompaktkassette war und der Worst-Case des Castings ein Bandsalat.
Das Tonband ist weg — das Medley noch da. Aber warum?
Heute erlaubt uns das digitale Format, Audiodateien nach unserem Geschmack zu schneiden und präzise zu benennen. Somit können Sprecher und Sprecherinnen auf ihrer Webseite schnell, ergonomisch und übersichtlich das gesamte Audiomaterial klassifizieren. Und trotzdem ist das Medley noch eine durchaus gängige Darstellungsform. Pure Gewohnheit, wahre Vorteile oder gar künstlerische Notwendigkeit? Um den Schlüssel zu dem Überleben des Medleys zu finden, haben wir von Voxing Pro zwei künstlerische Leiter aus Frankreich nach ihrer Meinung gefragt. Und zwei unterschiedliche Antworten bekommen.
Violaine Oudot — Violaine ist Produzentin und Sound-DA, sowie Casting-Direktorin in Paris
Violaine, Sie gehören zu den Leuten, die sich viele Demos anhören, welche Medien nutzen Sie?
Meinen Computer, meine Datenbank, die persönlichen Seiten der Sprecher und verschiedene Plattformen.
Was halten Sie von Medleys?
Ich mag das Medley, weil es mir erlaubt, die künstlerische Bandbreite der Stimme schnell zu entdecken. Man kann einen Sprecher in einem bestimmten Register kennenlernen und seine Talente in einem anderen Ausschnitt entdecken. Und für einen Sprecher, den Sie nicht kennen, ist es auch eine nette Abkürzung!
Es ist schwierig, viele unterschiedliche Audios anhören zu müssen, um zu entdecken, dass er oder sie sehr gut auf diesem oder jenem Register spielt. Diesen Ansatz erlaubt hingegen das Medley.
Welche Präsentation ist für Sie die beste?
Ich mag die Rangliste. Auch mehrere Medleys können die Lösung sein, eines für Werbung, Dokumentationen, etc. Für Sprecher, die sehr unterschiedliche Register haben, kann das praktisch sein.
Cyril Mazzotti
Cyril ist künstlerischer Leiter, selbst Sprecher und Trainer bei Studec und Cifap in Montreuil.
Was ist Ihre Meinung über Medleys?
Es gab eine Zeit, da habe ich als Sprecher Audio-Medleys geschickt. Heute bevorzuge ich eindeutig Video-Medleys, die haben einen echten Mehrwert.
Als künstlerischer Leiter sehen Sie viele Medleys, oder?
In der Tat ziehe ich vor, relativ lange Ausschnitte zu hören, es erlaubt mir, mehr Nuancen einer Stimme einzuschätzen. Das Medley wird mir das nicht bieten. Und selbst wenn ein Auszug in einem Medley gut klingt, habe ich nur ein paar Sekunden Zeit und muss ihn später wiederfinden, um ihn vollständig anzuhören.
Also, wenn das Medley nicht Ihre Aufmerksamkeit erregt, wie sollen Sprecher ihre Audios dann klassifizieren?
Einfach das Genre (Werbung, Dokumentation, Synchronisation) und die Intention (dynamisch, posiert, etc.). Interessant ist auch die Angabe des Sendemediums (welches Programm oder auf welchem Medium). Damit nichts verloren geht, bin ich auch sehr dafür, dass Sprecher ihre Audios mit ihrem Namen und ihrer Telefonnummer beschriften.
Unser Fazit — Das Beste aus jedem Potpourri
Das Medley hat den Untergang der Kassette überlebt — das liegt wohl daran, dass es definitiv eine praktische Seite hat.
Egal ob Medley oder nicht, Sie müssen auf jeden Fall darauf achten, dass ihre Audios gut beschriftet sind. Neben den rein künstlerischen und qualitativen Aspekten, kann die präzise Bezeichnung der Titel für ein erfolgreiches Casting ausschlaggebend sein.